
Liebe
Jakra,
nun ist
er doch gekommen, der Moment vor dem ich immer absoluten Horror hatte, nämlich
dich gehen lassen. Ich habe oft gesagt, wenn ich mal von dir Abschied nehmen
muss, werde ich das nicht überleben. Aber das Leben geht weiter, und
es sind noch unsere anderen 3 Hunde da, die mich brauchen. Also muss ich die
Tatsache akzeptieren, dass du nun in einer anderen Form immer bei uns sein
wirst. Ich kann dich zwar nicht mehr anschauen, deine dunklen Knopfaugen und
deine hübschen Stehohren haben mich immer zum lächeln gebracht.
Auch kann ich dich nicht mehr streicheln, was du immer sehr genossen hast,
du warst eine sehr taktile Hündin. Wir haben dich alle geliebt, die ganze
Familie. Aber wir zwei, du und ich, wir hatten eine ganz besondere Verbindung.
Du warst und bleibst mein „once-in-a-lifetime-dog“, meine Seelenverwandte.
Ich liebe alle unsere Hunde sehr, aber du warst etwas ganz Besonderes.
Schon
alleine die Art und Weise wie du zu uns kamst. Weisst du noch, als wir bei
deiner Züchterin zu Besuch waren, damit sie uns vier A4-Seiten voll Fragen
beantworten konnte, die wir uns aufgeschrieben hatten, um zu entscheiden,
ob wir eventuell mal einen Hund haben möchten und können ? Luca
sass auf einem Stuhl und spielte Gameboy, als er mir plötzlich sagte:
„Du Mama, dieser Hund da in der Ecke schaut uns ständig an“.
Tja, das warst du. Gerade mal 3 Jahre alt und eine von vielen im Rudel der
Züchterin. Damals wusste ich noch nicht, dass du wahrscheinlich dann
gerade den Plan geschmiedet hattest, zu uns zu kommen …… es war
nur noch die Frage wie. Dann kamst du ganz unverhofft ein paar mal zu uns
in die Ferien und Marco und ich haben uns langsam aber sicher in deine anhängliche
Art verliebt. Irgendwann wolltest du bei der Züchterin einfach nicht
mehr aus unserem Auto aussteigen, um zu ihr zurück zu gehen, und hast
uns so gezeigt, dass du lieber bei uns bleiben wolltest. Zu unserem grossen
Glück hat die Züchterin diese Veränderung bei dir auch realisiert
und dich frei gegeben.
Im Sommer 2006 kamst du dann endlich zu uns. Ich konnte
mein Glück kaum fassen. Du warst sehr schwierig am Anfang und hast alles
und jeden verbellt und im Notfall auch angegriffen. Das mussten wir noch fest
trainieren, dass ich diese Situationen für dich übernehmen konnte
und du keine Angst zu haben brauchst. Nachdem du mich sogar einmal aus Versehen
ins Knie gebissen hattest, habe ich deine Verzweiflung und Unsicherheit begriffen
und bin von da an immer mit dir alleine spazieren gegangen, damit wir üben
konnten. So konnten wir aus deinem asozialen Verhalten, das leider von deinem
vorherigen Lebensplatz her rührte, eine sehr freundliche und aufgestellte
Hündin machen. Du warst immer fröhlich und für alles Neue offen.
So haben wir zwei am Anfang Obedience zusammen gemacht. Mehr schlecht als
recht, aber es hat Spass gemacht :-). Dann hat Luca mit dir angefangen Rule-Prüfungen
zu machen und ihr ward richtig gut, oft auf dem Podest und den NOV-Sieger
hattet ihr nicht nur einmal abgeräumt. Mit Moana hast du Agility gemacht.
Moana war noch ganz klein, erst 9 Jahre alt, aber ihr ward ein hübsches
Team. Weisst du noch, an eurem ersten Wettkampf in Sennwald ? Da bist du den
ganzen Parcours unter den Hürden durchgelaufen und alle Zuschauer haben
gelacht. Moana empfand das als Auslachen und hat ganz fest geweint, während
dem sie dich ganz fest umarmt hatte. Sie raffte sich dann doch nochmal auf
und lief mit dir den zweiten Lauf, der ein bisschen besser gelang. Was für
eine Entwicklung, die da in Moana vorgegangen sein musste ! Wir Eltern hätten
das bei ihr nie auslösen können. Wir waren so stolz auf euch zwei.
Dann eines Tages hatte ich das Gefühl, du benimmst dich so komisch auf
dem Spaziergang ….. bis ich mal begriff, du hast uns gehütet :-).
Also haben wir uns mal in diese Sparte gewagt, und siehe da, du liebtest das
Hüten und hast mir damit eine ganz neue Welt eröffnet, in der ich
sehr liebe und wertvolle Menschen kennenlernen durfte, unter anderem unsere
Trainerin Raphi und meine liebe Freundin Yvonne. Was bin ich dir dafür
dankbar ! Du hast also sehr viele verschieden Sachen mit uns gemacht und überall
warst du mit Begeisterung dabei.
Mit 10 Jahren haben wir dich dann aus gesundheitlichen
Gründen (deine Arthrose wurde immer heftiger und damit auch dein Hinken)
aus dem aktiven Hundesport pensioniert und dich deiner Lieblingsbeschäftigung
nachgehen lassen, nämlich einfach Hund sein, mit uns zusammen sein und
geliebt zu werden. Natürlich hast du auch noch ab und zu unsere Laufenten
abends in den Stall gebracht, auch ein bisschen Unterordnung auf den Rudel-Spazis
lag noch locker drin. Suchspiele im Garten, das hast du geliebt, oder waren
es die leckeren Käse- und Wurst-Stückli, auf die du scharf warst
:-) ? Monty hüten beim Spaziergang, das hast du gemacht so lange du noch
laufen konntest. Und Monty hat es stoisch zugelassen :-).
Dann auf einmal
im Mai dieses Jahr hat dein Körper sich drastisch verändert. Du
konntest plötzlich nicht mehr laufen, warst nur noch gelegen, hast nichts
mehr gefressen und konntest dich nicht mehr versäubern. Da warst du 13
Jahre alt und wir befürchteten schon, dich jetzt gehen lassen zu müssen.
Aber dein wacher Blick sagte uns etwas Anderes. Also haben wir unseren Homöopathen
gebeten, dir etwas zu geben, das dich hoffentlich wieder zu uns zurückbringen
würde. Ich kannte das Mittel und wusste, es gab nur schwarz oder weiss.
Wenn ich dir dieses Mittel geben würde, würdest du dich entscheiden:
entweder endgültig zu gehen, oder dich nochmal aufraffen und bei uns
bleiben. Eine ganze Stunde lang habe ich die Spritze mit den in Wasser gelösten
Kügeli mit mir rumgetragen in der Wohnung, bis ich den Mut hatte, dir
die Arznei zu verabreichen. Ich hoffte, du entscheidest dich fürs Hierbleiben
und siehe da, nach zwei Stunden bist du wieder aufgestanden, vom Sofa runtergehüpft
und in den Garten gelaufen ….. wie Phönix aus der Asche. Wir haben
geweint, so glücklich waren wir alle. Du bist wieder mit auf die Spaziergänge
gekommen, wenn auch nicht in geschwindigkeitsberauschendem Tempo, aber das
machte nichts aus, wir haben uns dir angepasst und sind einfach alle ein bisschen
langsamer gelaufen. Dann kam deine zweite Krise, auch diese haben wir zusammen
überstanden und du wolltest noch ein bisschen bei uns bleiben. Wir genossen
den Sommer zusammen und schätzten die Zeit, die uns so noch geschenkt
wurde.
Plötzlich wurde dein linkes Hinterbein lahm. Du konntest nicht
mehr gehen und auch stehen und versäubern fiel dir schwer. Also haben
wir dich halt einfach gestützt und getragen. Ich wollte dich auf keinen
Fall alleine zu Hause lassen, also haben wir dich für die Spaziergänge
in einen Kinderbuggy gesetzt, was du scheinbar sehr genossen hast. Auch vom
Wägeli raus konntest du noch locker deine Erzfeinde ankeifen, wenn es
nötig war :-). Dann kam diese komische Verhärtung an Deinem Bauch.
Man verdächtigte einen Tumor als Ursache. So genau wollten wir es gar
nicht wissen, dich noch diverse Untersuchungen machen lassen, das wollten
wir dir nicht antun. Also nahmen wir die Diagnose zur Kenntnis und lebten
weiter. Aber wir hatten immer Angst, dir könnte etwas passieren, der
Tumor könnte aufplatzen und du könntest verbluten. Also haben wir
eine Matratze ins Wohnzimmer gelegt, dein Bettli daneben und Marco und ich
haben uns immer abgewechselt mit bei dir schlafen, damit du nie alleine sein
musstest. Nachts kam es vor, dass du 3-4 mal raus in den Garten dich versäubern
musstest. Und dann hast du sehr viel gehechelt in der Nacht und wir wussten
einfach nicht wieso. Wir mussten zuschauen, wie du immer müder wurdest.
Du hast nicht mehr so oft deinen Kopf gehoben, um zu sehen, was um dich herum
passiert. Im Wägli auf dem Spazi hast du viel geschlafen und deine Erzfeinde
an dir vorbeiziehen lassen. Gefressen und getrunken hast noch bis zum Schluss
mit Begeisterung. Kot und Urin absetzen funktionierte auch noch ganz normal.
Es war für uns und vor allem für mich unendlich schwer, den richtigen
Zeitpunkt zu finden, dich gehen zu lassen.
Dann plötzlich kam der Moment,
wo ich dich nochmal abfragen lassen wollte von unserer Tierkommunikatorin
und siehe da, ich hatte dich richtig eingeschätzt. Du sagtest, du wärst
jetzt müde und wolltest gehen. Was habe ich geweint am Telefon, aber
ich hatte diese Antwort erwartet, zu gut kannte ich dich und wusste, jetzt
ist es so weit. Du hattest keine Schmerzen, oder hast du sie uns einfach nicht
gezeigt, damit wir nicht in Zeitdruck kamen und noch genügend Momente
hatten mit dir, um bereit zu sein von dir Abschied zu nehmen ? Nach diesem
Gespräch habe ich die Tierärztin angerufen und gebeten, am Montag
Abend vorbei zu kommen, um dich zu erlösen. Du wolltest beim Vollmond
gehen, und der war am Sonntag. Der Montag war dann sehr schwer für mich.
Ich wusste nicht, wie ich diese wenigen Stunden, die mir noch mit dir blieben,
gestalten sollte. Da bat ich Marco auf dem nach Hause Weg noch ein paar Wienerli
und etwas Brot zu kaufen. Das haben wir dann mit dem ganzen Rudel zum „Zvieri“
noch zusammen geteilt. Es hat dir anscheinend sehr geschmeckt :-).
Als die
Tierärztin dann um 20.30h zu uns nach Hause kam, stieg plötzlich
Panik in mir auf, ob es denn auch die richtige Entscheidung war, dich nun
einschläfern zu lassen. Aber die Vet hatte uns beruhigt, sie hatte richtig
Schwierigkeiten eine Stelle zu finden, wo sie die Beruhigungs-Spritze setzen
konnte, so abgemagert warst du schon. Sie hat dich dann nochmal lieb abgetastet
und uns gesagt, dass du auf der linken Hüfte einen grossen Tumor hattest
und das linke Bein war so geschwollen, dass dir da eine baldige Thrombose
gedroht hätte und du wärst erstickt. Die Verhärtung am Bauch
war bereits auf eine beachtliche Grösse herangewachsen, wahrscheinlich
ausgehend von der Leber oder den Nieren. Die Tierärztin meinte, eigentlich
ist es ein Wunder, dass du noch so lange lebensfähig warst.
Du hast
für mich gekämpft, bei all deinen Krisen war ich dir so dankbar,
dass du immer wieder zurück kamst und noch ein wenig bei uns bleiben
wolltest. Ich war dann definitiv noch nicht bereit, dich loszulassen. Nun
war der Moment gekommen, das hatte sogar ich eingesehen. Die Fakten lagen
auf dem Tisch, deine Einschläferung war absolut in Ordnung und nötig,
um Schlimmeres zu verhindern. Wieso also hat es mir buchstäblich das
Herz heraus gerissen, als du dann über die Regenbogenbrücke gingst
? Du wolltest es doch so ? Und trotzdem dachte ich für einen Moment,
das überlebe ich nicht. Ohne meine Jakra. Du hast die Nacht dann noch
bei uns verbracht und als wir dich dann gestern Morgen ins Krematorium nach
Nürensdorf brachten und bis vor den Ofen begleiten durften, hat es mich
grad nochmal durchgeschüttelt, als ich mich endgültig von dir verabschieden
musste. Der Anblick deines geschundenen Körpers hätte mir sagen
müssen, es ist ok. Aber mein Herz wollte es immer noch nicht begreifen.
Es fällt
mir unsagbar schwer zu akzeptieren, dass du nun körperlich nicht mehr
bei uns bist. Aber ich weiss, du wirst immer bei uns sein, in Form unseres
Schutzengels, das hast du gesagt. Du hast es gehasst, von mir getrennt zu
sein, nun musst du das nicht mehr. Wir können immer zusammen bleiben
und ich weiss, eines Tages werden wir uns wieder sehen.
Jakra,
ich danke dir für Alles, was du für uns getan hast. Du warst ein
grossartiges Wesen, ich habe tiefen Respekt vor dir. Deine Treue werde ich
nie vergessen und es scheint mir unmöglich, ein Leben ohne dich, aber
ich muss es versuchen, schon alleine unseren anderen drei Hunden gegenüber.
Ich wünsche dir von Herzen alles Gute, geniesse die Zeit, da du jetzt
hoffentlich wieder selber laufen kannst und herumspringen. Raphi hat noch
geschrieben, dass unser ältestes Schulschaf, das Grösi-Schäfli,
auch am Dienstag gestorben ist, als ob es dich begleiten wollte :-). Du kannst
also Schäfli hüten so viel du willst, das hast du ja immer so geliebt.
Ich vermisse dich sehr und hoffe, der Schmerz wird irgendwann nachlassen. In ewiger Liebe, deine
Yvonne |